Ein schöne Erinnerung an Onkel Hans

 

 Eine wundervolle Geschichte über Onkel Hans, die mir ein Lächeln auf die Lippen zaubert

 

Es war vor ungefähr 38 Jahren, da trafen wir uns alle bei meinen Grosseltern, um den Geburtstag meiner Oma zu feiern.

 

Da Onkel Hans selten an diesen Treffen teilnahm, freute ich mich umso mehr, ihn und Tante Kätchen mal wieder zu sehen. Anscheinend beruhte es auch auf Gegenseitigkeit, denn Onkel Hans nahm mich gleich auf seinen Arm, knuddelte mich und setzte mich anschliessend auf seinen Schoss. Ich war damals gerade 7- oder 8-jährig. Mit seiner warmherzigen Stimme sagte er zu mir: „Na Sandra, Du bist aber gross geworden und schon richtig hübsch“, dabei lachte er mich herzlich an und drückte mich fest an sich. Ich genoss die Herzlichkeiten sehr, denn ich mochte ihn sehr. Er strahlte immer eine unendliche Ruhe aus und ich fühlte mich geborgen bei ihm. Ich traute mich nicht zu bewegen, damit er mich nicht für zu schwer empfindet oder mich gar wieder vom Schoss runter schiebt. Aber meine Neugierde war riesengross, denn Onkel Hans hatte etwas an der Stirn, was mich immens fesselte. Ich beobachtete ihn bei seinen Gesprächen mit seinen Geschwistern genau und irgendwann bemerkte es auch Onkel Hans.

Plötzlich machte er: „Buh!“ Ganz starr vor Schreck sah ich ihn, für einige Sekunden, mit grossen und erschrockenen Augen an. Als er erkannte, dass er mich zu sehr erschrocken hatte und alle ihn beschimpften, dass er das doch nicht machen könnte usw. begann er mich auszukitzeln. Ich lachte so sehr, dass alle am Tisch mitlachen mussten und sogar Tränen in ihren Augen bekamen.

Als sich alle nach geraumer Zeit beruhigten, fragte er mich: „Na, willste jetzt wissen, was das da, auf meiner Stirn ist?“ Währenddessen tippte er auf den Knubbel an seiner Stirn. Zögerlich sagte ich: „Ja.“ Er positionierte mich so, dass ich ihm besser in die Augen schauen konnte und erzählte mir, dass das ein Granatsplitter sei, den er im Krieg bekommen hat. Verwundert tippte ich an den Splitter und fragte: „Muss denn der nicht gesprengt werden?“ Darauf antwortete Onkel Hans herzlich lachend: „Nein, nein, den lassen wir da, wo er ist, sieht doch hübsch aus oder? Ausserdem hat nicht jeder so`n schönen Fleck. Oder kennst Du noch jemanden?“ Ich schüttelte den Kopf und sagte kleinlaut: „Nein.“

Danach sagte er etwas, was bis heute für Wärme in meinem Herzen sorgt: „Jeder Mensch hat etwas Besonderes und sollte sich immer dessen bewusst sein. Auch Du, meine Kleine, hast etwas Besonderes“, dabei stuppste er mit seinem Finger an mein Näschen. „Ich?“ „Ja!“ „Was habe ich denn Besonderes?“ „Das wirst Du noch selber herausfinden, wenn Du mal grösser bist, aber im Moment dein süsses Lächeln!“ Mit diesen Worten umarmte er mich uns setzte mich anschliessend behutsam auf die Erde, sodass er sich seinen Eltern und Geschwistern widmen konnte, die er lange nicht gesehen hatte.

 

Schade, lieber Onkel Hans, dass ich Dich zu selten gesehen habe und eigentlich zu wenig von Dir weiss, aber wenn wir uns sahen, dann habe ich mich immer sehr wohl bei Dir gefühlt!

 

Ich danke Dir, lieber Onkel Hans, dafür:

 

- dass Du immer liebe Worte für mich hattest

- dass Du mir das Gefühl gegeben hast, etwas Besonderes zu sein

- dass Du mir/ uns beim Tod meiner Geschwister Trost gespendet hast

 

In herzlicher Erinnerung Deine Nichte Sandra